
Simone Berger "Surrounded by Fire"
E-Werk Hallen für Kunst, 23.1. - 20.3.1994
   Element Feuer: Was ist das? Es ist Wärme und Licht. Es ist 
   
   kraftvoll und antreibend, voll Funken sprühender Lebenskraft, 
   
   in seiner Aktivität glänzend, aufregend und farbenfreudig. 
   
   Mit Feuer in Berührung zu kommen, heisst seine Gegenwart zu spüren. 
   
   Feuer kann dazu verwendet werden, Energie zu erzeugen und zu leiten. 
   
   Die Basler Künstlerin Simone Berger (*1959) hat unter dem Titel 
   
   "Surrounded by Fire" in Freiburg i. Br. - ausgehend von der historischen 
   
   Funktion des Gebäudes als Elektrizitätswerk - das Feuer als Energiequelle
   wegen der starken symbolischen Aussagekraft des Elements gewählt. 
   
   Die Künstlerin, die in ihren Arbeiten das Feuer immer wieder künstlerisch 
   
   thematisiert hat, spricht davon, dass für sie Feuer Leben, Energie und 
   
   Regeneration sei, aber auch eine Ambivalenz zum Leben. 
   In der Tat bezieht sich Feuer, in gewisser Hinsicht, immer auf Leben. 
   
   Es ist ein Lebens-Prinzip. Feuer ist aktiv, es steigt nach oben. Sein Wesen 
   
   ist lebendig. Ein Funke, eine Flamme und ein heller Schein sind Bilder 
   
   vom Feuer. Dazu kommt, dass das Feuer sowohl eine schöpferische als 
   
   auch eine zerstörerische Kraft darstellt. Ein Feuer im häuslichen Herd 
   
   erzeugt die Atmosphäre von Wärme und Geborgenheit. Die Sonne ist Feuer 
   
   - mit ihrem Rhythmus in unserem Leben, ihrer Symbolik als Lebensspenderin, 
   
   ihrer Realität als Teil des Lebenszyklus, ihren wä~mend~n, nährenderl Strahlen. 
   
   Wir sind Feuer. Die Schattenseite des Feuers ist zumeist Verwüstung, 
   
   hervorgebracht durch Brandanschläge (auf Häuser von Türken), durch 
   
   Buschbrände (in Kalifornien und Australien), durch Lavaausbrüche aus
   Vulkanen (Phillippinen); die ~edien konfrontieren uns einäugig stets 
   
   mit der Negativseite des Feuers. 
   weil Simone Berger ihre Feuer-Installation gegen den Strich inszeniert, 
   
   wirkt sie schillernd. Das Feuer ist nicht Gut oder Böse, nicht Schön oder 
   
   Hässlich, nicht Schöpfung oder Chaos, sondern einzig Gut-Böse, 
   
   Schön-Hässlich, Schöpfung-Chaos. Wer romantisches Knistern oder 
   
   eine heimliche Atmosphäre erwartet, wird jämmerlich enttäuscht. 
   
   Wer sich auf dem virtuellen Scheiterhaufen sehnt oder die Simulation 
   
   eines Napalmangriffs erhofft, kommt ebenfalls nicht auf seine Rechnung.
   Effekthascherei, Action oder Amüsement sind nicht angesagt.
   Die Halle ist vielmehr nüchtern ausgeleuchtet. Die auf der Grundlage 
   
   von 8mm-Filmstills ausgedruckten Megaprints füllen die Bogennischen 
   
   der Ausstellungshalle aus, hängen in Bahnen von oben herunter. Der 
   
   Boden bleibt unverstellt, keine Aschespuren, keine Brennholzattrappen. 
   
   Die sicht durch die Säulengänge hindurch gibt den Blick auf einen 
   
   Aussenraum frei. Eine doppelte Wirkung stellt sich ein: Einerseits lässt 
   
   sich das Feuer betrachten, anderseits ist man vom Feuer umgeben 
   
   (surrounded by fire). Also Raum- und Wahrnehmungserlebnis zugleich. 
   
   Das dezidierte Ausloten von Spannungs feldern und Gegensätzen macht 
   
   die besondere Qualität der Installation aus.
   Die Vorbereitungs arbeiten für Simone Bergers Feuer-Installation 
   
   dauerten ein Jahr. Indianer- oder Pfandpfinderstimmungen, die sich 
   
   bei der Assoziation mit Feuer schnell einstellen, wurden durchgespielt, 
   
   bis abseits von medienwirksamen Inszenierungen eine kühle Form 
   
   gefunden wurde, die auf unspektakuläre Weise eine Art Meditationsraum 
   
   evoziert. Hierin sehen sich die Besucher mit einem Ur-Prinzip des Lebens 
   
   konfrontiert, das zugleich viel über das UrAlphabet der Kunst verrät. Was 
   
   sich unter den Hallen-Bögen abspielt, beginnt plötzlich auch im Kopf Bögen 
   
   zu schlagen, indem es weniger die fünf Sinne aktiviert, als vielmehr eine 
   
   Denksuppe zum Brodeln bringt, die auf ihre Art energiespendend ist. 
Paolo Bianchi
Zur Ausstellung erscheint noch ein kleiner Katalog.
   Bildlegende:
   SIMONE BERGER, Surrounded by Fire, Megaprints-Installation, 1994.
   Foto: Thomas Dix