Simone Berger, "Surrounded by Fire" ,
Installation in der Polyvalenten Halle des E-Werks Freiburg,
Hallen für Kunst, 23. Januar bis 20. März 1994

Mit ihrer monumentalen Wand- und Rauminstallation "Surrounded by Fire"
hat Simone Berger den Betrachtern in der großen Ausstellungshalle des
E-Werks ein beeindruckendes Wahrnehmungserlebnis vermittelt.
Mit Bezug auf die historische Funktion des E-Werks wurde das Thema
Energie Ausgangspunkt der Arbeit. Feuer als Bildmotiv hat - zusammen
mit den Elementen Wasser und Luft - in den bisherigen Werken von Simone
Berger einen hohen thematischen Stellenwert. Es verbindet sich dort mit
Motiven von Menschen in der Masse und urbönen 1n&cnieursbauwerken
zu dem Themenkreis der "Private Urbanity".
Erstmals hat Simone Berger mit dieser Rauminstallation ihre künstlerische
Arbeit in die Dreidimensionalität umgesetzt. Durch die Auskleidung der
siebzehn Rundbogennischen der Halle mit je fünf Druckbahnen des aus
einem Filmstill vergrößerten Feuermotivs entstand der Eindruck einer
Erweiterung des Raumes. Diese Wirkung der, Installation beruhte auf
dem spezifischen Verhältnis von Körpergröße, Dimension und Anordnung
des. Feuermotivs in der umgebenden Bogenarchitektur:
Die Raumgrenzen lösten sich auf, die Illusion des Transitorischen von
innen nach außen wurde möglich.
Die Bewegung und aktive Wahrnehmung der Betrachter schufen einen
raumzeitlichen Bezug. Der Bildraum war zugleich Real- und Illusionsraum
und der Betrachter "im Bild". Die Künstlerin rückte. mit ihrer Installation
die ambivalente Kraft des Feuers, das Elementare und Archaische dieser
Energieform nall an/; die Betrachter heran, umgab sie mit "Feuer" auf drei
Seiten des Raumes - "surround by fire".

Dieses Zusammenspliel von gefahrdrohendem Anblick und gleichzeitiger
Gewißheit der Gefahrlosigkeit wäre Voraussetzung für das Gefühl von
Erhabenheit - erlebbar von einem einzelnen Betrachter, der allein in der
Halle der Installation "Surrounded by Fire" ausgesetzt ist.
Seit den Untersuchungen von Edmund Burke in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts bildet dieser Zusammenhang von visuellem Schrecken
und Erfahrung der eigenen Sicherheit den Topos der Erhabenheit.
In der Kunst der Vergangenheit war Feuer als Faszination und Schrecken
auslösendes Element Gegenstand großer Historienbilder,wie Raffaels
"Borgobrand", und wurde sogar Hauptmotiv eines Malers wie Francois
de Nome, auch hereits als Schilderung des Naturschauspiels bei Vulkan-
ausbrüchen.Feuer als Ursymbol, als energiespendende \lnd regenerative
Kraft, als prometheische Gabe, war der gedankliche Impuls für die künst-
lerische Energie, mit der Simone Berger der Herausforderung durch die
Halle mit ihrer Bogenarchitektur antwortete. Sie suchte bewußt mit harter
Ausleuchtung der Installation die sakrale Andeutung eines Andachtsbildes
im einzelnen Rundbogen zu mindern und allen Romantizismen mit Blick
auf die Herstellungsmittel zu begegnen. Aber Feuer behält in dieser In-
stallation auch als technisch generiertes Bild seine archaische ambivalente
Faszination und die Kraft der Erinnerung an reales Feuer. die yon der
virtuellen auf die emotionale Ebene führt. Diese Installation von Simone
Berger ist nicht nur eine Herausforderung an die Künstlerin selbst im
Verhältnis zu ihrem hisherigen Werk. Sie fordert auch die Betrachter
heraus, ihr Verhältnis zur Welt anhand des elementaren Motivs Feuer
kritisch zu überdenken,

Susanne Meier-Faust